Conversational Interviewing, 2014

Die strikte Einhaltung standardisierter Gesprächsführung in Interviews gilt in der quantitativen Datenerhebung als zentrale Voraussetzung einer standardisierten Messung. Dies wird mit dem Ziel verfolgt, im Interviewgespräch den Interviewereinfluss auf die Datenqualität soweit wie möglich zu minimieren. Es kann trotz aufwändiger Schulungen nicht immer davon ausgegangen werden, dass Interviewer in der jeweiligen Gesprächssituation grundsätzlich standardisiert agieren. Sie stehen im Rollenkonflikt, wenn sie mit Nachfragen der Befragungspersonen konfrontiert werden, die im standardisierten Erhebungsinstrument nicht vorgesehen sind. Conversational Interviewing gibt den Interviewern die Möglichkeit, mit dem Gesprächspartner besser zu interagieren und mehr Hilfestellungen zum Verständnis einer Frage anzubieten.

Es wird angenommen, dass diese Technik der eigentlichen Gesprächsführung der Interviewer näher kommt. Beim Conversational Interviewing wird im ersten Schritt eine Frage standardisiert angeboten. Im zweiten Schritt hat der Interviewer die Möglichkeit, weitere denkbare vorgegebene Erklä- rungen anzubieten, die eine Befragungsperson seiner Einschätzung nach für die korrekte Beantwortung einer Frage benötigt. Erfahrungen im amerikanischen Raum zeigen, dass mit dem Vorgehen letztlich Messfehler reduziert werden können. Die Gefahr besteht jedoch, dass man sich darüber eine höhere Interviewervarianz einkauft und ein erhöhter Aufwand für Interviewerschulung betrieben werden muss.
Aus dem Forschungsvorhaben der Studie „Conversational Interviewing and Interviewer Variance (CIIV)“ , initiiert durch Frauke Kreuter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und College of Behavior and Social Science der Universität von Maryland sowie Brady West und Fred Conrad am Institute for Social Research der Universität von Michigan, wurde in Kooperation mit dem infas Institut 2013/ 2014 eine Studie aufgesetzt und auf die Erhebungssituation in Deutschland angepasst. Ziel der Studie war ein Methodenexperiment zum Vergleich verschiedener Befragungstechniken in Surveys, das der Grundlagenforschung über Datenerhebungsprozesse dienen soll und mit dem die Anteile der Interviewervarianz in Nonresponse und Measurement Error bestimmt werden können. 2.400 Personen aus der Beschäftigtendatei bei der Bundesagentur für Arbeit sollten jeweils zur Hälfte mit einer streng standardisierten und einer flexibel standardisierten Interviewtechnik durchgeführt werden. Interviewer wurden zufällig der jeweiligen Technik zugewiesen und einem aufwändigen Training unterzogen. Die Ergebnisse werden bei der University of Michigan ausgewertet.