Ein nicht zu unterschätzender Aufwand
Gemessen an der Zahl der Anbieter, der angebotenen Veranstaltungen und der Teilnehmenden ist die Erwachsenen- und Weiterbildung der größte Bildungsbereich in Deutschland. Im Vergleich zu Lehrenden aus anderen Bildungsbereichen wissen wir über Lehrkräfte der Erwachsenenbildung jedoch relativ wenig. Hier setzt die Studie „Teachers in Adult Education – A Panel Study“ (TAEPS) an. Das Ziel ist es, ein umfassendes Bild des Lehrpersonals in der Weiterbildung nachzuzeichnen. Dafür sollen mehrere Tausend Lehrpersonen aus allen Bereichen der Weiterbildung im Rahmen einer Panelerhebung befragt werden. infas wurde vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE), Bonn, mit der Erhebung beauftragt.
Erhebungsdesign
Die Herausforderung der Studie ist der Zugang zum Lehrpersonal. Es liegen keine zugänglichen Register vor, aus denen eine Zufallsstichprobe gezogen werden könnte. Aus diesem Grund sollte der Zugang zum Lehrpersonal über Weiterbildungseinrichtungen, weiterbildungsaktive Betriebe und Verwaltungen erfolgen. Aber auch für diese gab es kein vollständiges und zugängliches Adressregister. Somit fand zuerst eine Adressrecherche statt, um ein Adresskataster von Einrichtungen in der Weiterbildung für die Stichprobenziehung zu erstellen. Dabei handelte es sich um eine umfangreiche Recherche nach Adressen von Weiterbildungseinrichtungen in Datenbanken und Weiterbildungsportalen mithilfe von Suchmaschinen sowie dem Adressbestand des DIE. Aus diesem Adresskataster wurde eine geschichtete Zufallsauswahl von Einrichtungen getroffen.
Die ausgewählten Einrichtungen sollten dann zu ihren Weiterbildungsbereichen und -aktivitäten telefonisch befragt werden und im Anschluss um die Unterstützung bei der Rekrutierung des Lehrpersonals gebeten werden. Dafür sollte die Auskunftsperson der Einrichtung eine Einladungs-E-Mail an ihr gesamtes Lehrpersonal weiterleiten. In dieser Einladung war ein Link zur Rekrutierungsbefragung enthalten, über die sich das Lehrpersonal zur Teilnahme an der Studie registrieren konnte.
Rekrutierung und Anmeldeprozess
Insbesondere der Rekrutierungsprozess wurde in einer Pilotstudie getestet. Die Einrichtungen waren im Piloten durchaus bereit, an der telefonischen Befragung teilzunehmen. Insgesamt wurden in der Pilotstudie 383 Einrichtungen eingesetzt und 45 Interviews realisiert (11,7 Prozent). Jedoch stellte sich die Rekrutierung des Lehrpersonals über die Einrichtungen als äußerst schwierig heraus und es konnten nicht genügend Personen für die Befragung des Lehrpersonals rekrutiert werden. Es wurde angenommen, dass pro Einrichtung im Durchschnitt 8 panelbereite Lehrpersonen rekrutiert werden. In der Pilotstudie wurden jedoch nur 1,8 panelbereite Lehrpersonen pro Einrichtung rekrutiert. Um mehr über die Herausforderungen im Rekrutierungsprozess herauszufinden, wurden qualitative Interviews mit den Einrichtungen durchgeführt. Es wurden bestehende Vermutungen zu den Gründen der schleppenden Rekrutierung validiert. Aus folgenden Gründen wurde die Einladung an das Lehrpersonal nicht weitergeleitet:
Weiterbildung in Betrieben und Verwaltungen ist oft an externe Anbieter ausgelagert, sodass es keinen direkten Zugang zum Lehrpersonal gibt.
Soloselbstständige wurden befragt, die kein weiteres Lehrpersonal beschäftigen.
Einrichtungen haben keinen direkten Nutzen durch die Unterstützung bei der Rekrutierung.
In vielen Einrichtungen ist eine übergeordnete Abteilung für das Lehrpersonal zuständig. Mit dieser wurde jedoch nicht der Kontakt im Rahmen der Einrichtungsbefragung hergestellt. Für die Befragung des Lehrpersonals wurden deren Kontaktdaten benötigt. Da keine Registerstichprobe vorlag, mussten diese zuerst erhoben werden. Bei dem Registrierungsprozess handelte es sich aus Datenschutzgründen um ein mehrstufiges Verfahren:
- Kurze Rekrutierungsbefragung zur Beschäftigungsform, um sicherzustellen, dass die Person zur Zielgruppe gehört.
- Frage zur Panelbereitschaft und Weiterleitung zum Online-Adresstool für panelbereite Personen.
- Eingabe der Kontaktdaten der Lehrperson (E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Adresse), um diese für ein Interview zu kontaktieren.
- Bestätigung der Kontaktdaten: Aus Datenschutzgründen wurde ein Double-Opt-In-Verfahren implementiert, d. h., im Anschluss an die Registrierung wurde ein 48 Stunden gültiger Bestätigungslink an die eingegebene E-Mail-Adresse gesendet. Die Lehrpersonen mussten durch Bestätigung des Links ihre angegebenen Kontaktdaten bestätigen, anderenfalls wurden die Kontaktdaten automatisch gelöscht.
Im Rahmen des datenschutzrechtlich notwendigen mehrstufigen Rekrutierungsverfahrens ging ein erheblicher Anteil (36 Prozent) an potenziellen Studienteilnehmenden verloren, da nicht alle Personen den Anmeldungsprozess vollständig abschlossen, da sie den Fragebogen vorzeitig abbrachen, nicht panelbereit waren, keine Adresse angaben oder die angegebene Adresse nicht bestätigten.
Es wurden mehrere kleinere Änderungen sowohl für die Einrichtungen als auch für die Rekrutierungsbefragung an den Erhebungsinstrumenten und -materialien vorgenommen, um zu überprüfen, ob dies einen Effekt auf die Teilnahmebereitschaft zur Weiterleitung aufseiten der Einrichtungen bzw. zur Anmeldungsbereitschaft aufseiten des Lehrpersonals hat. Leider ohne Erfolg.
Aus der Pilotstudie wurde deshalb die Konsequenz gezogen, dass eine Rekrutierung ausschließlich über eine Einrichtungsbefragung nicht ausreichend ist und der Zugang zu den Lehrenden überdacht werden muss.
Social Media und gezielte telefonische Akquise
Für die Haupterhebung wurden die Rekrutierungsmaßnahmen erweitert. Es wurde eine eigenständige Studienwebsite eingerichtet, auf der sich das Lehrpersonal über die TAEPS-Studie informieren und direkt zur Befragung anmelden kann. Zudem wurde die TAEPS-Studie über verschiedene Kanäle intensiv beworben (Newsletter, Social-Media-Kanäle, Kontaktierung von Verbänden und Gewerkschaften, Anzeigen in Fachzeitschriften und Blogbeiträge). Die Adressen der Weiterbildungseinrichtungen aus dem Adresskataster wurden für weitere Maßnahmen verwendet. Um die Reichweite im Zugang zu relevanten Multiplikatoren auf Ebene von Einrichtungen zu erhöhen, wurden zusätzlich rund 25.000 Einrichtungen via E-Mail angeschrieben, mit der Bitte, die Studieninformationen an ihr Lehrpersonal weiterzuleiten. Es wurden auch mehrere Tausend Erinnerungsschreiben per E-Mail an die Auskunftspersonen der Einrichtungsbefragung versendet.
Obwohl bereits mit Beginn der Einrichtungsbefragung zahlreiche flankierende Maßnahmen ergriffen wurden, um die Bekanntheit der Studie zu steigern und somit Lehrpersonen für die Teilnahme zu gewinnen, spiegelte sich dies nur bedingt in den Anmeldungen für die Befragung wider. Bereits wenige Wochen nach Beginn der Einrichtungsbefragung nahmen die wöchentlichen Registrierungen kontinuierlich ab und es wurde klar, dass das Feld für die Rekrutierung des Lehrpersonals verlängert werden muss. Die Einrichtungsbefragung wurde im November 2022 abgeschlossen. Die Rekrutierungsbefragung läuft weiterhin. Es zeigt sich bereits jetzt noch deutlicher als in der Pilotstudie, dass ein erheblicher Anteil der potenziellen Lehrpersonen im mehrstufigen Rekrutierungsprozess verloren gehen.
Erste Auswertungen zeigten, dass die Mehrheit der Teilnehmenden über die Weiterbildungseinrichtungen auf die Studie aufmerksam gemacht wurde. Entsprechend konzentrierten sich Überlegungen zu weiteren Rekrutierungsstrategien darauf, die Reichweite der Studienbekanntmachung insgesamt zu erhöhen, sowie auf die Frage, wie bei der Kontaktaufnahme potenzieller Multiplikatoren eine höhere Verbindlichkeit bei der Weitergabe der Studieninformationen erzielt werden kann.
So wurden den Dankschreiben an die Lehrenden mit den Incentives zusätzlich Visitenkarten mit dem QR-Code zur Studienwebsite beigelegt, die an interessierte Kollegen weitergegeben werden konnten. Parallel wurde eine externe Social-Media-Kampagne (Meta, LinkedIn) in Auftrag gegeben, um dadurch die Reichweite und Sichtbarkeit der Studie zu erhöhen, indem gezielt Personen adressiert wurden, die im Bereich der Weiterbildung tätig sind.
Die aufwändigste Maßnahme war die „telefonische Akquise“, die allerdings nun nicht mehr als standardisierte Befragung aus einem Telefonstudio heraus realisiert wird, sondern manuell durch Mitarbeitende des DIE durchgeführt wird. Im Rahmen einer „kalten Kontaktaufnahme“ wurde ab Januar 2023 damit begonnen, verschiedene Personen, über die mutmaßlich ein Zugang zum Lehrpersonal hergestellt werden kann, (erneut) anzurufen, um sie über die Studie zu informieren und um Unterstützung bei der Rekrutierung des Lehrpersonals zu bitten. So wurden etwa alle Volkshochschulen erneut telefonisch kontaktiert. Außerdem wurden Einrichtungen, weiterbildungsaktive Betriebe und Verwaltungen aus dem Adresskataster nach Größe sortiert und eine umfassende telefonische Kontaktaufnahme angestrebt. Zusätzlich wurden regionale Bildungsnetzwerke, Coaches und Trainer (nach)recherchiert und kontaktiert.
Insbesondere der Zugang zu weiterbildungsaktiven Betrieben und Firmen erwies sich als besonders schwierig oder sogar unmöglich. Daher wurden schließlich auch relevante private Netzwerke von DIE-Mitarbeitenden für die Akquise genutzt, mit dem Ziel, eine höhere Verbindlichkeit bei der Unterstützung zu erzielen. Mit Beginn der telefonischen Akquise wurde ein deutlicher Anstieg an erfolgreich registrierten Lehrenden konstatiert.
Machbar, aber aufwändig
Die direkte und persönliche Ansprache der Einrichtungen erweist sich als wertvolle Ergänzung zu den bisherigen Rekrutierungsstrategien und spielt eine maßgebliche Rolle bei der Erreichung der angestrebten Teilnehmendenzahlen. Insbesondere bei den Weiterbildungseinrichtungen scheint diese direkte Kontaktaufnahme durch ein wissenschaftliches Forschungsinstitut der entscheidende „Türöffner” zu sein, um Zugang zum schwer erreichbaren lehrenden Personal zu erhalten. Denn diese Form der Telefonakquise zielt darauf ab, nicht nur Informationen über die Studie zu vermitteln, sondern auch den Aufbau und die Pflege institutionellen und personalen Vertrauens zu fördern. Dieses Vertrauensverhältnis ist essenziell, um die Bereitschaft der Einrichtungen zur Unterstützung und Weiterleitung der Studieninformationen zu steigern. Im Vergleich dazu scheint die Erreichbarkeit der relevanten Zielgruppe über die anderen Kontaktstrategien und Kanäle deutlich schlechter zu funktionieren.
Somit lässt sich aus den Erfahrungen der Pilotstudie sowie ersten Erkenntnissen aus der Haupterhebung ableiten, dass aufgrund des datenschutzrechtlich notwendigen mehrstufigen Anmeldeverfahrens eine bedeutend größere Anzahl relevanter Zielpersonen erreicht werden muss, um die avisierte Zahl an erfolgreich registrierten Teilnehmenden zu erzielen. Hinzu kommt, dass eine Weiterleitung der Studieninformationen auf Ebene von Weiterbildungseinrichtungen und weiterbildungsaktiven Betrieben kein „Selbstläufer“ ist.
Eine weitere mögliche Investition in die Rekrutierung potenzieller Studienteilnehmer wäre, die Lehrpersonen gezielt anzusprechen. Aus Zeit- und Kostengründen wurde bislang darauf verzichtet, auf Tagungen und Kongressen gezielt auf die Lehrpersonen zuzugehen, sodass zum Wirkungsgrad einer solchen Maßnahme aktuell keine Aussage getroffen werden kann.
Insgesamt scheint eine Kombination aus verschiedenen Rekrutierungsstrategien unerlässlich zu sein, um hinreichend Studienteilnehmende zu gewinnen. Diese ersten Erkenntnisse bieten wertvolle Anhaltspunkte für zukünftige Studien mit ähnlichen Zielgruppen hinsichtlich eines gezielten Rekrutierungsprozesses und zu möglichen Herausforderungen und Grenzen.
Dieser Beitrag wurde zuerst in Lagemaß 13 „investieren“ veröffentlicht.
Zum Weiterlesen:
Die Studienwebseite zu TAEPS: https://www.taeps.de/