Das infas-Panel

Viele bunte Stäbe in verschiedenen Höhen.

Ein flexibles Instrument für kleine und große Projekte

Die Mitgliedsinstitute des Arbeitskreises Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute (ADM), die 80 Prozent des Branchenumsatzes erzielen, haben 2022 64 Prozent ihrer Interviews online durchgeführt. Die schnelle und preisgünstige Online-Erhebung ist in der Marktforschung gang und gäbe. Auch in der sozialwissenschaftlichen empirischen Forschung steigt der Bedarf an kostengünstigen und zudem möglichst flexibel einsetzbaren Erhebungen. Bei begrenzten Fördertöpfen stehen für den empirischen Teil eines Forschungsvorhabens oft nur eingeschränkte Mittel zur Verfügung.

Die in der Marktforschung genutzten Online-Access-Panels sind für sozialwissenschaftliche Forschungsvorhaben allerdings nur eingeschränkt nutzbar. Denn in aller Regel werden in diesen Panels Quotenstichproben gezogen. Diese lassen jedoch keine Inferenzstatistiken zu. Es kann also nicht von den Ergebnissen aus der Erhebung auf die Grundgesamtheit geschlossen werden. Dazu wäre eine Zufallsstichprobe die Voraussetzung. Diese setzt voraus, dass jede Person der Grundgesamtheit eine bekannte Wahrscheinlichkeit (>0 %) hat, in die Stichprobe zu gelangen. Eine Anforderung, der ein Online-Access-Panel, bei dem sich Teilnehmer selbst anmelden können, schlicht nicht gerecht werden kann.

Um den Anforderungen – kostengünstige Erhebungen, die den sozialwissenschaftlichen Ansprüchen genügen – gerecht zu werden, baut infas seit 2018 ein Panel auf, das auf einer Zufallsstichprobe basiert. Dazu werden kontinuierlich zufällig ausgewählte Personen, die mindestens 18 Jahre alt sind und in Deutschland leben, telefonisch befragt. Diese infas-Mehrthemenbefragung wird auf Basis einer sogenannten Dual-Frame-Zufallsstichprobe durchgeführt und schließt damit sowohl Personen mit Festnetz- als auch mit Mobilfunkanschluss ein.

Die Telefonstichprobe erfolgt nach dem Gabler-Häder-Verfahren, dem Standardverfahren der ADM-Institute. Bei diesem werden alle im Feld eingesetzten Telefonnummern synthetisch generiert. Die Menge aller erzeugten Rufnummernblöcke bildet die Auswahlgrundlage, aus der anschließend zufällig einzelne Nummern gezogen werden. Aufgrund der Anordnung der Auswahlgesamtheit hat jede darin enthaltene Rufnummer unabhängig von ihrer Länge dieselbe Auswahlchance. Innerhalb der Haushalte wird dann die Person befragt, die zuletzt Geburtstag hatte und volljährig ist. Dieser Aufwand, der Voraussetzung für eine Zufallsstichprobe ist, lohnt sich: „Ohne eine hochwertige Stichprobe ist eine Studie wie ein Porsche auf Kutschrädern.“ (unbekannter Autor) Oder, wie Reiner Schnell, Professor für empirische Sozialforschung, es formuliert: „Wissenschaftliche Anwendungen können auf Zufallsstichproben nicht verzichten.“

„Ohne eine hochwertige Stichprobe ist eine Studie wie ein Porsche auf Kutschrädern.”
– N.N.

Gegenwärtig werden monatlich insgesamt 1.000 Personen befragt. 500 davon werden aus dem Panelbestand ausgewählt, 500 mittels Zufallsstichprobe frisch erhoben. Aus letzteren werden neue Panelmitglieder generiert, indem sie am Ende des Fragebogens nach einer grundsätzlichen Teilnahmebereitschaft für weitere Befragungen durch infas gefragt werden. Im Falle einer Zustimmung werden die Kontaktdaten erfasst.

Aktuell (Stand 9/2023) sind rund 19.000 Teilnehmer erfasst und bereits in zahlreichen Studien zum Einsatz gekommen. Im Rahmen des infas-Panels wird eine ausführliche Soziodemografie abgefragt und regelmäßig aktualisiert. Es werden unter anderem die Variablen Alter, Geschlecht, Bildung, berufliche Stellung, Branche und Einkommen sowie die Anzahl der Haushaltsmitglieder erfasst. Darüber hinaus sind die Haushaltsmatrix, ein Migrationshintergrund bis in die zweite Generation, die Religionszugehörigkeit und zahlreiche weitere Variablen bekannt. In vielen Fällen lassen sich so Prävalenzen im Panel für besondere Zielgruppen bereits im Vorfeld ermitteln. Das infas-Panel ist grundsätzlich für telefonische, schriftliche und Online-Befragungen sowie für Kombinationen dieser Instrumente geeignet. In der Handhabung ähnelt es den Online-Access-Panels. Ein Vorlauf für die Abstimmung und Programmierung des Fragebogens ist erforderlich. Die Feldzeit richtet sich nach dem Instrument: Bei Online-Befragungen ist sie vergleichsweise kurz, schriftliche und telefonische Befragungen dauern zur Vermeidung von Selektivitäten entsprechend länger. Die zugrundeliegende Zufallsstichprobe erfordert eine anschließende Gewichtung der Daten, mit dem Ziel, die Hochrechnung von Ergebnissen der Stichprobenbefragung auf die Grundgesamtheit zu ermöglichen.

Die Berechnung der Gewichte und Hochrechnungsfaktoren erfolgt in einem mehrstufigen Prozess, der sich in Designgewichtung und Kalibrierung für die Stichprobenteile (Festnetz/Mobilfunk) gliedern lässt. Bei der Dual-Frame-Stichprobe ist zu berücksichtigen, dass die gezogenen Festnetz- und Mobilfunknummern aus je unterschiedlichen Auswahlrahmen (Frames) stammen. Die zentralen Gewichtungsschritte lassen sich wie folgt beschreiben:

  • Bestimmung der Auswahlwahrscheinlichkeit für die Dual-Frame-Stichprobe,
  • Trimmung auf das 95-Prozent-Intervall und
  • Kalibrierung mittels IPF (Iterative Proportional Fitting) mit folgenden Variablen: Geschlecht, Alter, Haushaltsgröße, Staatsangehörigkeit, höchster Schulabschluss, höchster Ausbildungsabschluss, Erwerbsstatus, berufliche Stellung, Gemeindegrößenklasse.

Einsatzmöglichkeiten

Das Panel, das dank der monatlichen telefonischen Mehrthemenbefragung kontinuierlich wächst, kann auf verschiedene Weise genutzt werden, wobei weitere Einsatzmöglichkeiten entwickelt werden. Innerhalb der Rekrutierungsbefragung können im Monatsrhythmus einzelne Fragen zu günstigen Konditionen gestellt werden. Darüber hinaus können alleinstehende Erhebungen auf Basis einer Zufallsstichprobe innerhalb des Panels realisiert werden. Dabei sind flexible Feldzeiten und verschiedene Erhebungsinstrumente – auch im Mix – möglich. Inhaltlich ist das Panel vornehmlich für wissenschaftliche Befragungen geeignet, weniger für Marktforschungsprojekte. Der Fragebogen beinhaltet überwiegend Fragen zu sozialwissenschaftlichen oder politischen Themen.

Tabellarische Zusammenfassung der Einsatzmöglichkeiten des infas Panels.Im Zusammenhang mit dem Panel von infas sind kurze Erhebungen mit einigen wenigen Fragen oder umfassende Fragenprogramme realisierbar. Es sind vergleichsweise schnelle Online-Erhebungen oder auch Längsschnittanalysen möglich. Erhebungen mit Experimenten oder Abbildungen sind ebenso realisierbar wie solche, die einen Interviewer erfordern.

infas bietet im Zusammenhang mit dem Panel seine vollständige Expertise an. Dazu gehört insbesondere eine Beratung und Umsetzungsunterstützung bei der Fragebogenentwicklung sowie bei der Auswertung und Interpretation der Daten. Die Erhebungsdaten können schlicht als gelabelter Datensatz in Stata, SPSS, o. Ä. zur Verfügung gestellt oder weiter aufbereitet werden, etwa als Ergebnis- bzw. Chartbericht.

Die Möglichkeiten, das Panel für die Forschung zu nutzen, werden kontinuierlich weiterentwickelt. Unter anderem wird mit Blended Calibration ein Verfahren getestet, das es ermöglicht, Erhebungen mit Non-Probability-Sample mit einer parallelen Erhebung auf Basis einer Zufallsstichprobe zu eichen. So sind Fallzahlerhöhungen mittels Befragungen in Online-Access-Panels zukünftig denkbar.

Dieser Artikel ist zunächst in Lagemaß 13 „investieren“ erschienen.