Im Jahr 2016 wurde erstmal die Vermächtnisstudie in einer Kooperation von DIE ZEIT, infas und dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) der Öffentlichkeit präsentiert. Sie knüpft an die sozialwissenschaftliche Lebensverlaufsperspektive (Karl Ulrich Mayer) an und ergänzt diese thematisch um die abhängige Variable „Vermächtnis“, indem sie den Schwerpunkt des Forschungsinteresses auf das Vererben („Vermächtnis“) von materiellem Besitz wie auch der Weitergabe von persönlichen Werten, Praktiken oder Lebensweisheiten legt. 2018 wurde die Studie erneut durchgeführt und für Ende 2022 ist eine erneute Erhebung geplant.

Inhaltlich geht es um die Frage, welche persönlichen Lebenserfahrungen, Handlungsweisen und Einstellungen Menschen in Deutschland an nachfolgende Generationen weiterreichen möchten. Sozialstrukturell stellt sich die Frage, inwieweit dieses Vermächtnis nach Alter, Geschlecht, Familienstand und sozialer Schicht variiert.

Im Rahmen der Fragebogenentwicklung müssen drei konzeptionelle Herausforderungen gelöst werden:

  • Erstens muss das Instrument mit themenübergreifenden Konstrukten unterlegt werden, um das breite Themenspektrum sozialtheoretisch einzubetten. Dabei besteht der Anspruch, skalierbare Konstrukte zu finden, die auf der Mikro- und auf der Makroebene funktionieren.
  • Zweitens gilt es, „Das Vermächtnis“ zu operationalisieren, und zwar als individuelle Zukunftsorientierung an der Schnittstelle zwischen aktueller Lebenssituation und gesamtgesellschaftlicher Zukunftsvorstellung.
  • Drittens verfolgt die Studie ein anspruchsvolles methodologisches Ziel. Da davon ausgegangen wird, dass der Wunsch, etwas weiterzugeben oder zu vermachen, eine starke emotionale Komponente aufweist, ist es wichtig, die Befragten auch auf einer präreflexiven Gefühlsebene anzusprechen. Hierfür wurden mithilfe sinnesspezifischer Studien zu Haptik, Rhythmus, Geruch und Sehen vier methodisch innovative Frageinstrumente entwickelt, die sinnliche Stimuli einsetzen, um nach der persönlichen Gegenwart und der zukünftigen Gesellschaft zu fragen.

Ausgehend von ersten Tests mit diesen Frageinstrumenten war zu erwarten, dass auch die sinnesbezogenen Daten sozialstrukturelle Unterschiede aufweisen. Die Vermächtnisstudie liefert einen innovativen Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Lebensverlaufsforschung, deren Perspektive thematisch um die Frage nach den sozialpsychologischen und sozial- strukturellen Determinanten von persönlichen Vermächtnisambitionen erweitert wird. Zudem leistet die Studie einen Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Zukunftsforschung, indem sie Wechselwirkungen zwischen objektiven soziodemografischen Determinanten und subjektiven Zukunftskonzeptionen untersucht und den Lebensverlauf auf einen noch nicht eingetretenen Zeitpunkt projiziert. So trägt sie zur Klärung bei, ob Zukunftshaltungen durch persönliche Dispositionen, durch Lebens- und Erwerbsbiografien oder durch institutionelle Rahmenbedingungen, wie etwa die deutsche Wiedervereinigung,

Die Erhebung

Die Datenbasis der Untersuchung ist 2016 eine deutschlandweit repräsentative, persönliche computerunterstützte Befragung (CAPI) von 3.000 Personen im Alter von 14 bis 75 Jahren. Diese Umfrage wird von kleineren quantitativen und qualitativen Zusatzerhebungen begleitet. Zwischen Ende Mai und Anfang September 2018 wurden erneut insgesamt 2.070 Personen in der gesamten Bundesrepublik befragt.Im Durchschnitt wurden sie persönlich vor Ort je 100 Minuten befragt. 1227 von ihnen hatten bereits im Sommer 2015 bei der ersten Erhebung teilgenommen. Weitere 843 zufällig ausgewählte Personen kamen neu dazu. Zusammen bilden sie einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung.

Veröffentlichungen

Was die Deutschen bewegt

Artikel der ZEIT zur Vermächtnisstudie